Reise durch die Körpermitte
Wie intelligent unser Magen-Darm-Trakt wirklich ist
Oben rein und unten raus – das ist es, was die meisten mit dem Thema „Verdauung“ verbinden. Täglich verzehren wir eine große Menge an verschiedenen Lebensmitteln. Dass die Verdauung dabei reibungslos funktioniert, ist für die meisten eine Selbstverständlichkeit.
Dabei klagt in Deutschland jeder vierte Erwachsene über Verdauungsstörungen. Kein Wunder, müssen unsere Verdauungsorgane im Laufe unseres Lebens im Schnitt 30 Tonnen Nahrung und 50.000 Liter Flüssigkeit bewältigen. Um dies zu meistern, hat unser Körper mit unserem Magen-Darm-Trakt ein hochkomplexes und intelligentes System an Bord. Seine Aufgabe ist es, die wichtigsten Nährstoffe, d.h. Kohlenhydrate, Eiweiße und Fette zu verdauen. Das ist essenziell, denn aus ihnen gewinnen wir die Energie, die uns und unseren Körper am Leben hält.
Der Kopf im Bauch
Doch unsere Körpermitte kann noch viel mehr, als nur unsere Nahrung zu verdauen: „Mein Bauch sagt mir, da stimmt was nicht“, „Das muss ich erst einmal verdauen“, „Liebe geht durch die Magen“ oder „Ich verlass´ mich auf mein Bauchgefühl“ – viele Redensarten deuten darauf hin, dass unser Bauch mitdenkt. Und wie an den meisten Sprichwörtern, ist auch hier etwas dran.
Denn dank des enterischen Nervensystems (ENS), das in unserem Verdauungstrakt sitzt, spielen sich, wenn wir lachen, weinen,
die Rechenaufgabe lösen oder an Omas leckeren Apfelkuchen von früher denken – kurzum: wenn wir fühlen, uns erinnern und denken –, dort tatsächlich die gleichen Vorgänge wie im Gehirn ab. Deshalb wird das ENS umgangssprachlich auch Bauchhirn genannt.
100 Millionen Nerven merken sich Inhaltsstoffe
Zum enterischen Nervensystem gehören mehr als 100 Millionen Nervenzellen, sogenannte Neuronen – nämlich alle, die im Magen-Darm-Trakt sitzen – und das sind etwa vier- bis fünfmal mehr als im Rückenmark. Es steuert Durchblutung, Bewegung und die Sekretion, also die Abgabe von Verdauungsenzymen und Hormonen des Darms. Es speichert Informationen über die verschiedenen Bestandteile der Nahrungsmittel und lernt dadurch, die Ernährung zu steuern: Basierend auf den Informationen werden gezielt spezielle Botenstoffe ausgeschüttet, die der Körper braucht, um bestimmte Nahrungsbestandteile zu verdauen. Ist das ENS mit der großen Anzahl an zu verarbeitenden Inhaltsstoffen über-fordert, kann es jedoch auch zu Unverträglichkeiten kommen, die mit Symptomen wie Durchfall, Verstopfungen oder Blähungen einhergehen können.
Kribbeln im Bauch
Doch woher kommt denn nun dieses Kribbeln im Bauch, das man nie mehr vergisst, sei es, wenn man verliebt ist oder wenn man Angst vor einer Prüfung hat? Ganz einfach: Das Bauchhirn steht im ständigen Austausch mit dem Kopfhirn, dem Sympathikus und Parasympathikus. Aus dem Grund spüren wir Wohl- und Unbehagen, Emotion und Intuition sowie Freud und Leid auch im Bauch.
1. Speiseröhre
Die Verdauung beginnt in dem Moment, in dem wir Nahrung in den Mund nehmen: nämlich mit dem Kauen. Der Speichel enthält Enzyme, die beispielsweise Stärke von Kartoffeln und Nudeln sowie Fett teilen. Gleichzeitig weicht der Speichel die Nahrung auf – sie wird breiig und somit besser schluckbar.
2. Magen
Den ersten Halt machen die Lebensmittel im Magen. Hier fühlen sie sich wohl: Sie verweilen dort bis zu fünf Stunden. Dort angekommen werden sie von dem stark sauren Magensaft zerkleinert und zu einem Speisebrei verarbeitet.
3. Dünndarm
Vom Magen aus rutscht der Speisebrei portionsweise in den rund vier Meter langen Dünndarm. Hier werden die Säure neutralisiert und
weitere Enzyme aktiviert. Die Wand des unteren Dünndarms enthält Zotten, die die Oberfläche der Schleimhaut stark vergrößern. Über diese nehmen wir Nahrungsbestandteile auf und führen unserem Körper die lebenswichtigen Nährstoffe zu.
4. Dickdarm
Doch natürlich gibt es auch einen Teil der Nahrung, den unser Körper nicht braucht. Dieser setzt seine Reise fort und stoppt im Dickdarm. Hier werden ihm 90 Prozent der enthaltenen Flüssigkeit entzogen.
5. Mastdarm
Nachdem sie den Dickdarm passiert haben, kommen die Nahrungsreste
im Mastdarm an. Dort lässt sich das Essen noch einmal richtig Zeit: In der Regel dauert es zwischen fünf und 70 Stunden, bis die unverdaulichen Reste aus-geschieden werden – und unser intelligentes Verdauungssystem beginnt wieder von vorn mit seiner Arbeit.