Fructoseintoleranz: Auf Kriegsfuß mit Obst und Gemüse
Ein Glas Orangensaft am Morgen, Obst und Gemüse über den Tag verteilt – also eine gesunde Ernährung – können doch unmöglich Ursache für Beschwerden wie Blähungen, Bauchkrämpfe, Verstopfungen oder Depressionen sein. Das sollte man zumindest meinen. Warum aber leiden viele Menschen gerade nach dem Verzehr von Lebensmitteln, die allgemein als sehr gesund und vitaminreich gelten, unter Magen-Darm-Beschwerden?
Auslöser kann Fruchtzucker, auch bekannt als Fructose, sein, der in diesen Lebensmitteln enthalten ist. Jeder dritte Westeuropäer leidet heute an der sogenannten Fructoseintoleranz bzw. Fruchtzuckerunverträglichkeit. Der Grund für diese Fruchtzuckerunverträglichkeit ist in den meisten Fällen eine Störung der Aufnahme der Zuckerstoffe im Dünndarm. Ursache dafür ist ein Transportsystem im Dünndarm, welches nicht mehr richtig funktioniert. Dieses defekte Transportsystem führt dazu, dass die Fructose nicht oder nicht ausreichend verdaut wird, und löst somit verschiedenste Beschwerden aus.
Fructoseintoleranz ist keine Lebensmittelallergie
Es ist wichtig zu unterscheiden, dass die Fruchtzuckerintoleranz anders als häufig angenommen keine Allergie, sondern eine erworbene Unverträglichkeit ist. Bei einer Allergie können schon geringe Spuren eines Allergens zu einer bedenklichen, im Extremfall sogar lebensbedrohlichen allergischen Reaktion führen. Bei der Fructoseintoleranz ist dies anders. Hier werden – abhängig von der Ausprägung der Intoleranz – mitunter gewisse Mengen gut vertragen. Erst wenn eine bestimmte Schwelle an Fructose, die individuell sehr unterschiedlich sein kann, überschritten wird, treten Symptome wie Blähungen, Darmgeräusche, wässrige Durchfälle, Verstopfungen, Reizdarmsyndrom und kolikartige Schmerzen, aber auch Sodbrennen Appetitlosigkeit, Rückenschmerzen, niedrige Eisenwerte, Depressionen, Nervosität oder ein schwaches Immunsystem auf. Da die Symptome individuell sehr verschieden sein können, ist es für den Arzt entsprechend schwierig, eine Diagnose zu stellen. Weiterhin ist die Störung vielen Ärzten noch unbekannt. Somit dauert es oftmals Jahre, bis die Unverträglichkeit erkannt wird.
Leide ich an einer Fruchtzuckerunverträglichkeit?
Um eine Fructoseintoleranz festzustellen, wird der sogenannte H2-Atemtest durchgeführt, durch den die Konzentration an Wasserstoff in der ausgeatmeten Luft gemessen wird. Der menschliche Körper kann selbst keinen Wasserstoff produzieren. Wird er zugeführt und verändert sich der Wert, kann er auf eine Fructoseunverträglichkeit hinweisen. Denn wenn die aufgenommene Fructose nicht vom Dünndarm resorbiert werden kann, bleibt sie im Dickdarm und wird dort von Bakterien unter anderem zu Wasserstoff umgesetzt. Dieser gelangt durch die Blutbahn in die Lunge und wird ausgeatmet.
Der Wasserstoff-Atemtest sollte von einem Gastroenterologen durchgeführt werden. Um diese Veränderung festzustellen, wird zunächst der Wasserstoffgehalt des Betroffenen im nüchternen Zustand durch das Pusten in ein Gerät bestimmt. Anschließend wird der Testperson Fructose verabreicht und in regelmäßigen Zeitabständen von 15 bis 30 Minuten erneut der Wasserstoffgehalt gemessen. Ein signifikanter Anstieg deutet dann auf eine Fructoseintoleranz hin.
Diagnose Fruchtzuckerunverträglichkeit
Was darf ich noch essen?
Der Atemtest wurde gemacht, die Diagnose steht fest: Fructoseintoleranz. Nun heißt es nicht verzweifeln, denn mit der Unverträglichkeit kann man gut leben. Was bei Betroffenen jedoch bleibt, ist meist folgende Frage: Was darf ich überhaupt noch essen und was sollte ich lieber meiden?
Ernährungstipps bei Fructoseintoleranz:
- Alle Süßigkeiten wie Milchschokolade-Pralinen, Bonbons, Schokoriegel und Eiscreme sind fructosereich und sollten gemieden werden.
- Dies gilt auch, wenn die Süßigkeiten mit Honig hergestellt sind.
- Zuckeraustauschstoffe sollten auf jeden Fall gemieden werden! Häufig wird Sorbit als Zuckerersatz verwendet. Es findet sich in vielen Diabetikerprodukten, in Kaugummis und anderen Lebensmitteln sowie in Medikamenten und Zahnpflegeprodukten.
- Fast alle Obstsorten sowie daraus hergestellte Säfte, Limonaden oder Marmeladen enthalten viel Fructose und auch Sorbit. Trockenobst jeglicher Herkunft ist eine Fructosebombe und enthält ebenfalls viel Sorbit.
- Gemüse ist meist fructosearm; bei extremer Fructoseempfindlichkeit und Zufuhr größerer Mengen kann es aber trotzdem Probleme geben. Hier versuchen Sie es besser erst mit gedünstetem Gemüse.
- Was oft vergessen wird: Fertige Dressings sind mitunter reich an Fructose; besonders sind hier Tomatenketchup und Fertigwürzmischungen zu nennen. Auch sind in Fertigprodukten sehr oft Geschmacksverstärker enthalten, die bei einer Fructoseintoleranz eine zusätzliche Belastung der Verdauungsorgane bedeuten können und somit auch nicht vertragen werden.
Betroffene sollten jedoch nicht den Mut verlieren, denn es gibt einige leckere Lebensmittel, die gut vertragen werden und täglich auf dem Speiseplan stehen können.
- Avocados
- Kartoffeln
- grünes Blattgemüse
- Zucchini
- Pilze
- Nüsse
- glutenfreie Beilagen wie Buchweizen oder Hirse
- Vollkornprodukte ohne Zuckerzusätze
- Fleisch
- Fisch
- Eier
Die gute Nachricht: Es kann bergauf gehen!
Da es sich bei der Fructosemalabsorption nicht um eine Allergie, sondern lediglich um eine Unverträglichkeit von Fruchtzucker (Fructose) handelt, können bestimmte Mengen Fructose von Betroffenen gut vertragen werden. Sind die Symptome durch die Ernährungsumstellung deutlich zurückgegangen, darf der Betroffene nun wieder fructosehaltige Lebensmittel zu sich nehmen, um herauszufinden, wie viel Fruchtzucker vertragen wird. Um die Verträglichkeit von Fructose wieder langsam zu erhöhen, muss das Transportsystem (GLUT-5) wieder nach und nach trainiert werden. Die Verträglichkeit muss also am besten immer in kleinen, einzelnen Schritten ausprobiert werden und ist von Person zu Person sehr unterschiedlich. Dazu ergänzt man den Ernährungsplan durch kleine Mengen fructosehaltiger Lebensmittel und beobachtet die Reaktion des Körpers.
Betroffene sollten sich Zeit nehmen, um die Reaktion auf unterschiedliche Fructosemengen und fructosehaltige Lebensmittel zu testen und zu protokollieren. So kann individuell festgestellt werden, welche Nahrungsmittel in welchen Mengen konsumiert werden können. Auf dieser Grundlage lässt sich ein individueller Ernährungsplan aufstellen.
Weitere Tipps bei Fructoseinoleranz
Die Menge macht’s
Fruchtzucker, der in geringen Mengen über den Tag verteilt aufgenommen wird, ist besser zu vertragen als eine in Summe gleich große Menge in kurzer Zeit.
Den Mangel ausgleichen
Laut Studien weisen viele Menschen mit Fructoseintoleranz oder Fructosemalabsorption einen Mangel an Vitaminen, Spurenelementen und insbesondere Folsäure und Zink auf. Dies kann gravierende Folgen für die Gesundheit haben. Deshalb sollte man den Mangel durch Nahrungsergänzungsmittel, die keine Fructose enthalten, ausgleichen (z. B. fructonorm).
Bewegung tut gut
Regelmäßige Bewegung hilft dem Darm zu einem regelmäßigeren und besseren Weitertransport des Darminhaltes. Damit kommt es zu weniger Gärungsprozessen, Blähungen und Bauchschmerzen. Regelmäßiges Ausdauertraining kann dazu führen, dass man mit der Ernährung wesentlich großzügiger umgehen kann.
Zeit nehmen
Für eine bessere Verträglichkeit und schnellere Verarbeitung im Darm hilft es, wenn die Nahrung bereits im Mund bestmöglich zerkleinert wird. Lässt man sich also Zeit beim Essen, hilft das auch dem Darm.
Viel trinken
Täglich sollten 2–3 Liter Wasser, stilles Mineralwasser oder ungesüßter Tee getrunken werden. Das versorgt den Körper nicht nur mit ausreichend Flüssigkeit und Nährstoffen, sondern lindert die Beschwerden. Warmes Wasser hat darüber hinaus eine leicht anregende und krampflösende Wirkung auf die Darmmotorik.
Kombination mit anderen Lebensmitteln
Die Kombination mit anderen Nahrungsmittelbestandteilen hat einen Einfluss darauf, wie Fruchtzucker vertragen wird. Sorbit und Glukose können beispielsweise Blähungen fördern und führen zu einer erhöhten Empfindlichkeit gegenüber Fruchtzucker. Das gilt auch für ballaststoffreiche Lebensmittel wie Vollkorn oder Zwiebeln. Die Kombination von Fruchtzucker mit Traubenzucker hingegen führt zu einer besseren Verträglichkeit von Fructose.
Die Darmflora schützen
Die Darmflora ist die Gesamtheit der Mikroorganismen, die den Darm bevölkern und für die Verstoffwechslung der Nahrung sowie für die Unterstützung und das Training des Immunsystems sorgen. Neben der Ernährung können Alkohol, Drogen, Antibiotika und Medikamente die Zusammensetzung der Darmflora negativ verändern und auch bei Fructosemalabsorption eine entscheidende Rolle spielen. Dauernd erhöhte Fruchtzuckerzufuhr führt dazu, dass Fruchtzucker spaltende Fäulnisbakterien vermehrt gebildet werden, die durch die Produktion von Gasen Beschwerden hervorrufen können. Folglich muss der Pflege der Darmflora erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt werden.